
Titelbild: Maria-Rast Wiese Eppan / Appiano, LIA Collective
Raumplanung im Alpenraum: Nachhaltige Lösungen für die Zukunft (BrokeringSpaces)
Neue Ansätze für eine flächensparende und klimafreundliche Raumplanung
Raumplanung im Alpenraum: BrokeringSpaces
Das Projekt ‚BrokeringSpaces‘ entwickelt innovative Ansätze für die Raumplanung im Alpenraum. Ziel ist die Schaffung von Transformationspfaden für eine nachhaltige und integrative Raumplanung auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene. Es konzentriert sich auf die Entwicklung praktikabler Lösungen, die den Flächenverbrauch minimieren und Klimaanpassungsmaßnahmen fördern. Durch die Analyse der Kombination von nationaler und regionaler Gesetzgebung mit lokalen Traditionen werden umsetzbare und effektive Transformationspfade entwickelt, die den vielfältigen Anforderungen im Alpenraum gerecht werden.
Projektziele
- Entwicklung praktikabler Ansätze zur nachhaltigen Raumplanung
- Reduktion des Flächenverbrauchs
- Förderung von Klimaanpassungsmaßnahmen
- Kombination nationaler und regionaler Gesetzgebung mit lokalen Traditionen
- Lösungen für spezifische Anforderungen in den Regionen
- Erstellung eines transnationalen Handbuchs praktikabler Lösungen und Entscheidungshilfen für Gemeinden
- Entwicklung von Szenarien zur Entscheidungsfindung für lokale Behörden und regionale Planungsagenturen
- Wissenstransfer und Austausch bewährter Praktiken im gesamten Alpenraum
Der innovative Ansatz des Projekts besteht in der Verbindung gesetzlicher und informeller Instrumente, um eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ebenen der Verwaltung (lokal, regional, national) zu fördern. Die Projektpartner*innen arbeiten gemeinsam an der Entwicklung eines ‚Transformation Scenario-Scheme‘, das sowohl nationale Gesetzgebung flexibel in lokale Instrumente integriert als auch die Beteiligung lokaler Akteure stärkt.
Warum flächensparende Raumplanung und nachhaltige Entwicklung auch für Südtirol entscheidend sind
Auch in Südtirol steigt der Flächenverbrauch weiter an und bringt die Klimaziele des Landes in Gefahr. Die Plattform Land hat sich die aktuellen Daten der italienischen Umweltagentur ISPRA angeschaut: In Südtirol wurden 2023 weitere 71,11 Hektar versiegelt. Damit beträgt die versiegelte Fläche mittlerweile 20.253 Hektar – das entspricht etwa 2,74 % der gesamten Landesfläche und fast der Hälfte des potenziell besiedelbaren Gebiets. Gleichzeitig wurden in rund der Hälfte der Gemeinden keine Zuwächse verzeichnet, und acht Gemeinden können sogar einen Rückgang der versiegelten Fläche aufweisen.
Die langfristigen Daten zeigen eine wechselhafte Entwicklung des Flächenverbrauchs: Zwischen 2006 und 2012 wurden jährlich etwa 40 Hektar versiegelt. Von 2012 bis 2015 stieg der jährliche Verbrauch auf über 100 Hektar – die intensivste Phase der Flächeninanspruchnahme. Seit 2018 liegt der Zuwachs stabil bei etwa 75 Hektar pro Jahr. Trotz dieser Stabilisierung bleibt die Gesamtentwicklung alarmierend, da die versiegelte Fläche kontinuierlich anwächst.
In rund der Hälfte der Gemeinden wurden keine Zuwächse verzeichnet und in den acht Gemeinden sogar ein Rückgang gemeldet: Salurn, Jenesien, Mühlwald, Kastelbell-Tschars, Innichen, Schlanders, Tiers und Sexten. In anderen Gemeinden sticht der Flächenverbrauch mit bis zu 6 Hektar besonders hervor.
Pressemitteilung vom 27.12.2024 zum Flächenverbauch in Südtirol im Jahr 2023 (Daten der italienischen Umweltagentur ISPRA)
Ansätze für moderne und flächensparende Raumplanung im Alpenraum zur nachhaltigen Entwicklung
Die Raumplanung im Alpenraum steht vor einzigartigen Herausforderungen, da diese Region sowohl ökologisch sensibel ist als auch unter knappen Flächenressourcen leidet. Der zunehmende Druck durch Siedlungsentwicklung, Tourismus und Verkehr verstärkt das Problem, dass die Topografie die verfügbaren Siedlungsflächen stark einschränkt. Jede zusätzliche Zersiedelung kann wertvolle Agrar- und Ökosysteme gefährden. Um eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten, sind flächensparende Raumplanungsansätze von entscheidender Bedeutung.
Moderne flächensparende Raumplanung im Alpenraum umfasst:
- Innenentwicklung statt Neuausweisung: Die Nutzung bereits bestehender Siedlungsflächen zur Revitalisierung von Ortskernen und Nachverdichtung ist entscheidend. Hierbei sollen auch Brachflächen sinnvoll umgenutzt werden.
- Multifunktionale Flächen: Eine kombinierte Nutzung von Flächen als Wohnraum, Gewerbefläche und Erholungsgebiet spart wertvolle Ressourcen und fördert eine nachhaltige Entwicklung.
- Verdichtete Wohn- und Arbeitsbereiche entlang öffentlicher Verkehrsknotenpunkte helfen, den Pendlerverkehr zu reduzieren und fördern eine nachhaltige Mobilität.
- Rückbau und Renaturierung von ungenutzten Flächen trägt zur Flächenbilanz bei und fördert den Umweltschutz.
- Förderung kompakter Bauweisen und kleinerer Wohneinheiten senkt den Flächenverbrauch pro Kopf und reduziert gleichzeitig die Wohnkosten.
- Begrenzung der Bauflächen und Ausweisung von landwirtschaftlichen Vorrangflächen sichert die Ressourcen für die Nahrungsmittelproduktion und den Naturschutz.
- Reduktion der Verkehrsflächen durch den Bau autofreier Siedlungen und die Entwicklung von nachhaltigen Mobilitätskonzepten verringern den ökologischen Fußabdruck.
- Erneuerbare Energien in der Infrastruktur: Die Kombination von Infrastrukturen wie Staudämmen oder Skipisten mit Solaranlagen sorgt für eine nachhaltige Energiegewinnung.
Im Alpenraum ist eine flächensparende Raumplanung von besonderer Bedeutung, um die Ökosysteme zu schützen, den Flächendruck zu minimieren und nachhaltige Lebensbedingungen für Mensch und Natur zu schaffen.

„Straßen werden zu einem Raum der Begegnung für Nachbarn und Freunde, Kunden und Geschäfte, Kinder, geschützt vor Sonne und Regenwasser durch Bäume, Sträucher und Gras.“ Die Straße von Morgen, LIA Collective
Warum flächensparende Raumplanung und Bodenqualität entscheidend für die nachhaltige Entwicklung sind
Eine flächensparende Raumplanung sowie der Schutz der Bodenqualität und die Renaturierung von Flächen sind entscheidend für die Erhaltung der ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Funktionen von Landschaften. Dies gilt besonders für den Alpenraum, in dem die Herausforderungen durch Topografie, Klimawandel und begrenzte nutzbare Flächen besonders ausgeprägt sind. Um die Nachhaltigkeit und Resilienz dieser einzigartigen Region zu sichern, ist es essenziell, effektive Strategien zur Bodenbewirtschaftung und Flächennutzung zu entwickeln.
- Schutz von Ökosystemleistungen: Böden speichern Wasser, filtern Schadstoffe und binden CO₂ – entscheidend für Klimaschutz und Umweltstabilität.
- Erhalt landwirtschaftlicher Flächen: Sicherung der regionalen Lebensmittelversorgung und Schutz von Kulturlandschaften für nachhaltige Landwirtschaft.
- Hochwasserschutz und Wasserhaushalt: Unversiegelte Flächen speichern Regenwasser, verbessern Trinkwasservorräte und verringern Überschwemmungsrisiken.
- Erhalt der Biodiversität: Grünflächen fördern die Artenvielfalt und bieten wertvolle Lebensräume für Pflanzen und Tiere.
- Nachhaltige touristische Nutzung: Reduzierung der Übernutzung von Naturressourcen und langfristige Sicherung von Naturattraktionen für nachhaltigen Tourismus.
- Erosionsschutz und Klimaanpassung: Grünflächen stabilisieren Böden und verringern Schäden durch Extremwetterereignisse.
- Erholung und Lebensqualität: Grünflächen steigern das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bevölkerung durch Naturerlebnis.
- Kostenersparnis: Naturnahe Lösungen vermeiden Schäden und Folgekosten, reduzieren Infrastrukturbedarf und fördern nachhaltige Stadtentwicklung.
- Reduktion der Hitzeinsel-Effekte: Grünflächen senken Temperaturen in urbanen Gebieten und verbessern das Mikroklima.
- Verbesserung der Luft- und Lebensqualität: Pflanzen binden Feinstaub und Schadstoffe, sorgen für saubere Luft und bieten Sicht- sowie Lärmschutz.
- Förderung sozialer Interaktionen: Grünflächen bieten Raum für Freizeit, Sport und Begegnungen, stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
- Ästhetische Aufwertung von Siedlungen: Naturnahe Gestaltung erhöht die Attraktivität von Wohngebieten und steigert den Immobilienwert.
- Förderung von mentaler Gesundheit: Der Kontakt mit Naturflächen reduziert Stress und Angst und fördert das psychische Wohlbefinden.
- Erhalt von Kaltluftströmen: Grünflächen fördern die Frischluftversorgung und verbessern die Luftzirkulation in städtischen Gebieten.
- Schaffung von ökologischen Korridoren: Vernetzte Grünflächen ermöglichen die Wanderung von Tieren und Pflanzen und stärken Ökosysteme.
- Förderung von Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein: Grünflächen sensibilisieren für den Wert der Natur und fördern umweltbewusstes Handeln in der Gesellschaft.
Beispiel für Aufwertung, Begrünung und nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung am Nassiriya Platz in Bozen.
Projektpartner*innen bei ‚BrokeringSpaces‘ das Salzburg Institut für Regionalplanung und Wohnen (AT), die Bundeskammer der Ziviltechniker*innen (AT), die Universität Innsbruck (AT), die Allianz in den Alpen (DE), die Slowenische Land- und Forstwirtschaftskammer (SLO) und Pro Terra Engiadina (CH). Das Projekt soll lokale Behörden und regionale Planungsagenturen zur Förderung des Wissenstransfers und des Austausch bewährter Praktiken im gesamten Alpenraum zusammenbringen und wird von der Europäischen Union im Rahmen des Kooperationsprogramms Interreg Alpine Space 2021-2027 kofinanziert. Die Laufzeit des Projektes geht über die beiden Jahre 2025 und 2026 und die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 690.000 €.