der Plattform Land zur Stärkung des ländlichen Raumes in Südtirol
Die Plattform Land unterstützt als Partner, Motivator und Moderator alle Akteure im ländlichen Raum mit nachhaltigen und umsetzungsorientierten Initiativen. Dazu beabsichtigt sie sowohl Akteure zu vernetzen als auch notwendige Prozesse in Gang und Projekte auf den Weg zu bringen und zu betreuen. Der Leitgedanke der Plattform Land ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Deshalb fördert und stärkt sie die Eigeninitiative vor Ort und die Beteiligung der lokalen Bevölkerung sowie der Entscheider bei der Umsetzung. Strategische Aufgabe ist es, das öffentliche Bewusstsein für die Belange der ländlichen Gebiete zu stärken und zu schärfen. Die Plattform Land verfolgt einen partnerschaftlichen und ganzheitlichen Ansatz, um den komplexen aktuellen und zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden sowie die Lebensqualität auf dem Land zu erhalten.
Dabei muss der Wirtschafts- und Lebensraum Südtirol immer als eine Einheit mit urbanen und ländlichen Gebieten betrachtet werden. Nur eine auf die Erfordernisse von städtischen und ländlichen Gebieten ausgerichtete Wirtschaftspolitik kann langfristig für Südtirol erfolgreich sein.
Die ländlichen Räume stehen unter großem Anpassungsdruck. Aufgrund des demographischen und wirtschaftsstrukturellen Wandels sind räumliche Interessenskonflikte zu lösen und insbesondere Zukunftsperspektiven für die junge Bevölkerung zu entwickeln. Gleichzeitig ist die unternehmerische Wettbewerbsfähigkeit durch eine gezielte Inwertsetzung der vor Ort bestehenden Potentiale unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen aufrechtzuerhalten.
Um die Funktion und Lebendigkeit der ländlichen Gemeinden zu bewahren, spielen die Hauptorte in den Talschaften eine wesentliche Rolle. Sie sind bei der Erhaltung der Dienste und Angebote der Daseinsvorsorge für die umliegenden Gemeinden im Sinne der Subsidiarität zu unterstützen. Darüber hinaus sind Beratungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für eine professionelle Qualifikation der Akteure und ein innovatives Unternehmertum zu fördern.
Die folgenden Handlungsempfehlungen vereinen die Expertise des Fachbeirats „ländlicher Raum“ der Plattform Land und die Aussagen ausgewählter Akteure und Experten, die zu den wichtigsten Herausforderungen im ländlichen Raum befragt wurden.
HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR EINE NACHHALTIGE UND RESILIENTE STÄRKUNG DES LÄNDLICHEN RAUMES
1. KOOPERATION UND VERNETZUNG
Die sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für umsetzungsorientierte Kooperationen und Partnerschaften innerhalb desselben Sektors und sektorenübergreifend verbessern, um die Wertschöpfung zu erhöhen:
- Interkommunale und Stadt-Land-Partnerschaften vermehrt einfordern und fördern
- Bei Projekten wirtschaftliche und sektorenübergreifende Netzwerke bevorzugen
- Soziale generationenübergreifende Kooperationen unter Einbindung des Ehrenamts und Vereinswesens stärker unterstützen, Zuwanderung intelligent steuern und die Chancen, die das Genossenschaftswesen – auch in Bezug auf Bürgerbeteiligung – bietet, nutzen
2. DEZENTRALE DASEINSVORSORGE
Die dezentralen Dienste und Angebote der öffentlichen Daseinsvorsorge in kleinen und mittleren Zentren stärken und Fraktionen lebendig erhalten:
- Schnelles Internet rasch und flächendeckend ausbauen
- Multifunktionale Dienstleistungszentren (Servicepoints) für die Nahversorgung und die sozialen Dienste (z.B. Lebensmittel, Post- und Paketdienst, Kinder- und Seniorenbetreuung) mit Nutzung von Dorfläden, Gasthäusern und Handwerksbetrieben einrichten
- Ein Gutscheinsystem für Familien mit Kindern für kulturelle und sportliche Tätigkeiten einführen
- Den öffentlichen Nahverkehr intelligent ausbauen und das ländliche Wegenetz erhalten
3. DEZENTRALISIERUNG
Zentrale Dienste und Einrichtungen in den ländlichen Raum verlagern:
- Teile der öffentlichen Verwaltung und Dienste in die Talschaften verlagern
- Leerstände von Wohn- und Gewerbeimmobilien erheben und durch Innenentwicklung in Wert setzen
- Hierbei sind die Vorteile des ländlichen Raumes (weiche Standortfaktoren, Flächen- und Immobilienverfügbarkeit, Preisniveau) zur Entlastung der städtischen Zentren wirksamer zu berücksichtigen und zu vermarkten.
- Unternehmensansiedlungen und -erweiterungen im ländlichen Raum fördern bei Bevorzugung der Innenentwicklung, sofern die Verfügbarkeit gegeben ist
- Durch unbürokratische dezentrale Vergabemöglichkeiten lokale Kreisläufe und die Wettbewerbsfähigkeit von lokalen Unternehmen stärken
- Dezentrale Bildungs- und Berufsbildungsstrukturen erhalten
4. SUBSIDIARITÄT
Die kommunale Eigenständigkeit und Selbstentscheidungsfähigkeit auch in finanzieller Hinsicht stärken:
- Bürokratische Hürden sind abzubauen (Einführung eines Einheitsschalters für Vorhaben zur regionalen Entwicklung)
- Finanzielle Anreize und Förderungen für nachhaltige Entwicklungsprojekte wie z.B. Energiegemeinschaften ausbauen
5. UNTERNEHMERTUM
Die Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit der Betriebe fördern:
- Sowohl Aktivitäten als auch Initiativen für die Schaffung bzw. den Ausbau von Kompetenzzentren, Netzwerkbildung, Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft, Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie finanzielle Anreize weiterentwickeln
- Start-Up-Unternehmen im ländlichen Raum gezielt fördern und Standortnachteile durch entsprechende Förderung ausgleichen
- Neue Angebote dank unternehmerischer Kreativität durch Förderung von Austausch und Sensibilisierungsveranstaltungen entwickeln
6. KULTURLANDSCHAFT UND NATÜRLICHE LEBENSGRUNDLAGEN
Herausragende und charakteristische Elemente der Natur- und Kulturlandschaft nachhaltig nutzen und schützen sowie die Qualität des Lebensraums sichern:
- Ausreichend Mittel für Denkmal- und Ensembleschutz, Landschaftspflege und Umweltprogramme bereitstellen
ZUSÄTZLICHE ANFORDERUNGEN
- Für eine nachhaltige und resiliente Entwicklung des ländlichen Raumes ist eine regional und überregional eng vernetzte und vielfältige Wirtschaftsstruktur anzustreben.
- Eine fachübergreifende, ganzheitliche und koordinierte Herangehensweise von Seiten der politischen Entscheidungsträger ist deshalb wichtig, um die rasch wechselnden Herausforderungen langfristig zu meistern.
- Strukturstarke und -schwache Räume sind zu definieren, um zielgerichtet geeignete und abgestimmte Maßnahmen zu ergreifen.
- Um Entwicklungen und Fortschritte zu messen und zu bewerten (Regionalcheck), sind Ziele und Messgrößen zur Beobachtung zu entwickeln und eine regelmäßige Überprüfung der Governance vorzusehen.
- Eine kontinuierliche Anpassung der Strategien und Maßnahmen ist durch innovative Lösungsansätze mit den Menschen vor Ort umzusetzen. Wissenschaftliche Untersuchungen dienen als fundierte Basis zur Unterstützung.
- Die Politik für den ländlichen Raum ist mit den regionalen Förderinstrumenten und insbesondere auch mit den verschiedenen EU-Fonds abzustimmen.
- Die unmittelbare Durchführung von geeigneten Pilotprojekten in den Bereichen Sensibilisierung, Bildung, Beratung und Beteiligung sind nun Schritt für Schritt unter Einbezug der lokalen Entscheider und der Bevölkerung anzugehen, um Worten Taten folgen zu lassen.