Jahrestagung Basisdienste am 25. Mai 2017 auf Schloss Prösels: Lebensqualität und Wettbewerbsfähigkeit auf dem Land erhalten

Titel EinladungsflyerFür einen attraktiven und lebenswerten ländlichen Raum sind funktionierende Basisdienste unerlässlich. Ein Dienst ist dabei von besonderer Bedeutung, hieß es heute auf der 3. Tagung der Plattform Land auf Schloss Prösels: das Breitband.

Die Plattform Land setzt sich seit ihrer Gründung vor drei Jahren für den Erhalt der Attraktivität und Lebensqualität im ländlichen Raum ein. Die dritte Jahrestagung war heuer den Basisdiensten auf dem Land gewidmet. „Funktionierende Sozial- und Gesundheitsdienste, gute Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, ein öffentlicher Nahtransport, die Nahversorgung und nicht zuletzt ein schnelles Internet sind neben attraktiven Arbeits- und Wohnmöglichkeiten die Schlüsselfaktoren, wenn es darum geht, die Lebensqualität und die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Land zu erhalten“, sagte der Präsident der Plattform Land Andreas Schatzer.

Südtirol steht im Vergleich zu anderen Ländern gut da, unterstrich Landesrat Arnold Schuler. Die Politik habe mit Weitsicht gehandelt und die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt. Das betreffe die Erschließung des ländlichen Raumes ebenso wie den Ausbau der Mobilität.

Ähnlich wie in Südtirol ist auch in Niederösterreich der ländliche Raum nach wie vor attraktiv. „Die Landesregierung hat soziale Treffpunkte gefördert und die Zusammenarbeit unter den Gemeinden unterstützt. Zudem wurde die Erreichbarkeit verbessert. Es hat sich gezeigt, dass sich Dörfer, die gut erschlossen sind, wirtschaftlich besser entwickeln und dort mehr Arbeitsplätze entstehen. Zudem wandern weniger Menschen ab“, sagte der Niederösterreichische Landeshauptmann a. D. Erwin Pröll. Besonders wichtig seien Ausbildungsstätten. „Hier zu sparen, wäre falsch.“ Ein Schwerpunkt legt Niederösterreich auf die Kultur. „In keinem vergleichbaren Bundesland gibt es so viele Museen und kulturelle Einrichtungen wie bei uns.“ Zudem sprach sich Pröll für mehr Zusammenarbeit vor Ort aus. „Gemeinden haben ihre Bauhöfe zusammengelegt und gemeinsame Gewerbeparks realisiert.“

Interkommunale Zusammenarbeit statt Einzellösungen

Dass Gemeinden in Zukunft verstärkt mit anderen Gemeinden zusammenarbeiten und übergemeindliche Strukturen schaffen müssen, davon ist auch Peter Dehne vom Neubrandenburger Institut für Kooperative Regionalentwicklung überzeugt. „Um dem Ärztemangel auf dem Land zu begegnen, wurde bei uns ein gemeinsames Ärztehaus mit zwei festen Ärzten und wechselnden Fachärzten aus der Umgebung eröffnet. Auch bei der Feuerwehr arbeiten Gemeinden vermehrt zusammen. Beim interkommunalen Brandschutz gibt es einen einzigen Koordinator und einen gemeinsamen Ausbildungspool.“ Ebenso wichtig sei die Zusammenarbeit verschiedener „Betroffener“. „Am erfolgreichsten sind ländliche Gemeinden und Regionen dort, wo sich Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Vereine und Bürger vernetzen.“

Auch Thomas Egger, Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, sprach sich für eine integrierte Strategie aus. „Die Angebote der Grundversorgung müssen integriert und regional weiterentwickelt werden.“ Er appellierte, die Veränderungen aktiv anzugehen. „Die Grundversorgung wird im Jahr 2030 anders aussehen als heute. Es wird große Änderungen bei der Schulausbildung geben, aber auch beim öffentlichen Nahverkehr. Autonomes Fahren kann dank der Digitalisierung eine Chance für den ländlichen Raum werden.“ Wo es kein Geschäft mehr gibt, könnten Detailhändler vermehrt Lebensmittel im Internet anbieten und nach Hause liefern. Oder Unternehmen verlegen Arbeitsplätze bewusst auf das Land oder gleich zu den Mitarbeitern nach Hause. „Ist der ländliche Raum mit Glasfaser erschlossen, bieten sich dieselben Chancen wie in der Stadt. Wichtig ist nur, für Neuerungen offen zu sein. Starr am Bestehenden festzuhalten, ist die falsche Strategie.“ 

Schnelles Internet Voraussetzung für Digitalisierung und Wettbewerbsfähigkeit

Eine der großen Herausforderungen für den ländlichen Raum sei nun die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet, was Ziel des Landes ist, wie Landesrätin Waltraud Deeg unterstrich. „Ein flächendeckendes Breitbandnetz ist eine wesentliche Voraussetzung für die Digitalisierung und damit für die Wettbewerbsfähigkeit.“ Bis jetzt hat das Land bereits rund 150 Mio. Euro in den Ausbau der Hauptleitungen investiert. Derzeit gibt es insgesamt 1.150 km Faserstränge, 133 von 155 Telekom-Zentralen sind bereitgestellt und 140 Pops, die zentralen Knotenpunkte, betriebsbereit. „Etwas mehr als die Hälfte der Gemeinden könnte die „letzte Meile“ in Angriff nehmen, die es noch braucht, damit das schnelle Internet in jedes Haus gelangt. 85 Prozent werden mit Glasfaser versorgt werden, die restlichen 15 Prozent über Funk- und Satellitenverbindung.“ Ziel des Landes seien nicht nur Smart Cities, sondern auch Smart Valleys. „Das ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und der Chancengleichheit.“

Bericht auf stol zur Jahrestagung: 

 

Das Programm der Jahrestagung finden Sie hier: Programm Flyer

Presse zur Tagung Raum+ vom 11. Juni 2016

Innenentwicklung muss Chefsache sein

Bestehende Bauflächen intelligent nutzen, statt unnötig Grünflächen verbrauchen: Das ist laut „Plattform Land“ die Marschroute für Südtirols Raum- und Landschaftsplanung. Die heutige (11.6.) Tagung „Raum+“ in Marling zeigte aber auch: Dazu braucht es einen langen Atem.

Ein „Weiter wie bisher“ wäre einfach unverantwortlich. Denn auch in Südtirol wird der unverbaute Boden immer knapper. Diese Problematik wurde am heutigen Samstag bei der Tagung „Raum+“ der Plattform Land in der Kellerei Meran Burggräfler klar.

Wie Plattform-Sprecher Leo Tiefenthaler sagte, ist es daher wichtig, „bei der künftigen Planung und Entwicklung des Südtiroler Siedlungsgebietes viel mehr bestehende Bauflächen zu nutzen und zu verdichten, um möglichst viel wertvolle Grünfläche zu schonen – und dabei handelt es sich zum allergrößten Teil um Landwirtschaftsfläche.“

Dass er viele Anregungen mitnehme, bestätigte Landeshauptmann Arno Kompatscher, der gleichzeitig Mitgründer der Plattform Land ist: „Das Raumordnungsgesetz muss immer Schutz und Entwicklung unter einen Hut bringen. In der ersten Phase war es mehr Schutz, in den jüngsten Jahrzehnten stand immer mehr die Entwicklung im Vordergrund.“ Zum Teil hätten die Gemeinden sogar auf bestehende Bauprojekte reagiert, anstatt zuerst die Gemeindeplanung zu machen, in die sich dann anschließend die Projekte einfügen müssen. Vor allem aber sei das Gesetz immer unübersichtlicher geworden. Nun wolle man das Gesetz von Grund auf überarbeiten. Ein großer Teil der Reform: Statt getrennten Landschafts- und Bauleitplänen soll es künftig einen einzigen Gemeindeplan geben.

Die Innenentwicklung spiele dabei eine große Rolle: „Sanierung und Verdichtung im Ortskern soll mehr Freiheit erhalten, die Verbauung neuer Flächen im Grünen hingegen strengeren Regeln unterliegen“, erklärte Kompatscher, der aber auch klarstellte: „Entwicklung für die Wirtschaft muss weiterhin möglich sein und das werden wir nicht verhindern.“

Prof. Gerlind Weber von der Universität für Bodenkultur Wien erklärte, wie wertvoll Landwirtschaftsflächen im Alpenraum sind: „Weite Teile der Gesellschaft übersehen bereits die Hauptbedeutung: Die Sicherheit, dass sie die regionale Bevölkerung im Ernstfall ernähren kann.“ Dabei braucht es die Flächen noch für viele weitere Zwecke, z.B. als Speicher von Treibhausgasen und Wasser, als Teil der Energiewende, als Produktionsfläche für künftige Medizinalpflanzen oder natürliche Wertstoffe. Landwirtschaftsflächen müssen die Artenvielfalt erhalten und zum Naturschutz beitragen, sie sind Erholungsflächen und Grundlage für den Tourismus in den Alpen. „Eigentlich bräuchten wir immer mehr Landwirtschaftsflächen, statt immer weniger“, fasste Weber zusammen.

Andreas Schatzer – stellvertretender Sprecher der Plattform Land – bestätigte: „Der Boden steht im Spannungsfeld zwischen Ökonomie, Ökologie und Soziologie. Der Landwirtschaft kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.“ Und auch der für Landwirtschaft und Gemeinden zuständige Landesrat Arnold Schuler wies auf den gestiegenen Bedarf an Boden für Wohnung, Gewerbe und Infrastrukturen hin: „Dieser Flächenverbrauch führt zu Spannungen. Daher müssen wir intelligente Lösungen mit vorausschauender Planung finden.“ Solche Lösungen erwartet er sich vom neuen Gesetz für Raumordnung und Landschaft.

Die wohl wichtigste Anregung ist, dass intelligente Innenentwicklung kein Zufallsprodukt sein darf: Stattdessen muss sie als langfristige, geplante Strategie ein zentraler Teil der politischen und wirtschaftlichen Raum- und Landschaftsplanung sein muss. Darauf wiesen zum Beispiel Alexander Leitz und Peter Rainer aus Baden-Württemberg hin. Als ehemaliger Bürgermeister von Ertingen und amtierender Bürgermeister von Hohentengen kämpfen die beiden für lebendige Orte in strukturschwachem Gebiet. „Innenentwicklung muss in alle Köpfe rein“, sagte Rainer. Der Bürgermeister muss dafür verantwortlich sein. Es braucht aber auch einen Dorfmanager, der ihm dabei zur Seite steht und die Bürger begleitet. Vor allem aber müssen die Bürger mitgenommen werden: „Der Dialog mit ihnen ist wichtig. Sie müssen selbst hinter der Entwicklung stehen“, erklärte Leitz. Ähnlich sieht dies Wolfgang Borst aus Bayern, der dort die Gemeinde-Allianz Hofheimer Land initiiert hat: „An jedem Stammtisch und in jeder Gemeinde soll es Gesprächsthema sein, wie man leer stehende Gebäude wieder nutzen kann.“

Langfristig planen kann man dies alles nur, wenn man genau weiß, wie viel leer stehende Gebäude es überhaupt gibt und in Zukunft geben wird. Grundlage dafür ist eine eingehende „Dorfanalyse“. Sie erfasst die Ist-Situation aller Daten.

Den Dialog mit der Bevölkerung nimmt Frank Weber von der Landesabteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung von dieser Tagung mit. Weber ist einer der führenden Köpfe bei der Entwicklung des neuen Raumordnungsgesetzes. Er erklärt, dass Südtirol noch in einer komfortablen Situation ist und wesentlich weniger leer stehende Bausubstanz hat. Dennoch muss man auch hier zum einen den sich ändernden gesetzlichen Vorgaben aus Rom und zum anderen dem demographischen Wandel Rechnung tragen.

Gegenüber Rom gelte es vor allem, mit Hilfe der Autonomie das „schlanke, schnelle Entscheidungssystem in Südtirol“ zu erhalten. Beim demographischen Wandel müsse man sich bewusst sein, dass die urbanen Gebiete tendenziell wachsen, einige ländliche Gebiete dagegen Bewohner verlieren. Um dem gegenzusteuern, will das neue Gesetz neuen Freiraum geben, z.B. durch Mischzonen, in denen Wohnen gleichzeitig mit Dienstleistung oder Gewerbe möglich wird: Wichtig ist nur, dass alle weiteren Nutzungen mit Wohnen vereinbar sein müssen. Wenn nicht, müssen sie in Zonen stattfinden, die nicht für Wohnen zugelassen sind.

Insgesamt gehe es darum, zum einen die Landwirtschaft zu stärken. Denn wenn man z.B. immer neue Wohngebiete in direkter Nachbarschaft zur Landwirtschaft zulässt, ist ein Konflikt wegen Abdrift vorprogrammiert. Das habe die jüngere Vergangenheit deutlich gezeigt. Zum anderen soll das Gesetz die Siedlungen durch mehr Eigenverantwortung für die Gemeinden und Bauherren stärken. Dafür aber braucht es vorher klare Leitplanken.

Radiobeitrag RAI Südtirol zur Tagung “Raum+” vom 11. Juni 2016: