Ländlicher Raum ist guter Standort für Leben und Arbeiten

Die Arbeitswelt ändert sich gerade rasant. Der Arbeitskräftemangel, die Bedürfnisse junger Menschen, der Wunsch nach Work-Life-Balance und neuen Arbeitsmodellen sowie höhere Gehälter rücken immer stärker in den Mittelpunkt.
Ein großes Potential für Unternehmen und Arbeitskräfte bietet der ländliche Raum, ist die Plattform Land überzeugt. Auf der Jahrestagung der Plattform heute (Donnerstag) standen die Chancen und Herausforderungen der Wirtschaft im ländlichen Raum im Mittelpunkt.

Attraktive Arbeitgeber, neue flexible Arbeitsmodelle, eine hohe Lebensqualität in einer einmaligen Kulturlandschaft und großes Engagement der Menschen: Der ländliche Raum in Südtirol bietet für wirtschaftliches Wachstum und eine nachhaltige Entwicklung gute Voraussetzungen, sagte Andreas Schatzer, der Präsident der Plattform Land, zur Eröffnung der Jahrestagung der Plattform Land im Mehrzwecksaal in Tisens. „Der ländliche Raum bietet viele Lösungen für die Bedürfnisse von Menschen und Unternehmen. Und dank der digitalen Transformation spielt es zukünftig keine Rolle mehr, ob Arbeitsplätze im ländlichen Raum oder in den urbanen Zentren liegen, sofern die Kommunikationsinfrastrukturen vorhanden sind.“
Eine der größten Herausforderungen für die Wirtschaft – auf dem Land wie in der Stadt – ist der Arbeitskräftemangel. Zukünftig stehen aufgrund des demografischen Mangels noch weniger Arbeitskräfte zur Verfügung. Mit „Work in Südtirol“, einer Informationsplattform für das Leben und Arbeiten in Südtirol, hat die Handelskammer Bozen eine neue Anlaufstelle geschaffen. „Um den Mangel an Beschäftigten entgegenzuwirken, braucht es die Zusammenarbeit vieler Akteure und müssen viele Stellschrauben gedreht werden. Wichtig ist, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihre Attraktivität durch Benefits, flexible Arbeitszeitmodelle, ein gutes Gehalt und die Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf steigern und so die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter binden“, sagte Irmgard Lantschner von der Handelskammer Bozen. Bei einer Umfrage unter Studierenden zeigte sich weiters, dass leistbares Wohnen und eine flächendeckende Kinderbetreuung wichtige Voraussetzungen für die Rückkehr nach Südtirol sind. Verbesserungspotential gebe es auch bei der Willkommenskultur.

Ein gutes Beispiel für einen attraktiven Arbeitgeber im ländlichen Raum ist die Digitalagentur SiMedia mit Standorten in Niederdorf und Bruneck. Bei Simedia wird Wert auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, flache Hierarchien, Benefits und moderne Arbeitszeitmodelle gelegt, stellte Dietmar Walder von SiMedia vor.
Ein interessantes Projekt, um den ländlichen Raum als Arbeits- und Lebensraum attraktiv zu machen, ist die „Nestbau-Zentrale“ in Mittelsachsen. Sie bietet vor allem Rückkehrern und Zuwanderern Informationen, Beratung und Services an und unterstützt sie bei ihren ersten Schritten in der neuen bzw. alten Heimat. Zu den Nutznießern zählen auch Unternehmen, vor allem dann, wenn sie Arbeitskräfte suchen. Zudem bietet die „Nestbau-Zentrale“ Unterstützung beim nachhaltigen Bauen im ländlichen Raum an, denn wer baut, der bleibt. „Die Nestbau-Zentrale ist zu einem Netzwerk für Wertschöpfung in Mittelsachsen geworden und ein gutes Beispiel dafür, wie der ländliche Raum für Arbeitskräfte und Unternehmen attraktiv werden kann“, berichtete Helen Bauer von der „Nestbau-Zentrale“ Mittelsachsen.
Susanne Dammer und Philipp Rier sind selbst nach Südtirol zugewandert bzw. zurückgekehrt. Sie haben über ihre Gründe und Erfahrungen berichtet.
Eine Lanze für den ländlichen Raum als Wirtschaftsraum brach der bekannte österreichische Schokoladenhersteller Josef Zotter. Er appellierte an die Unternehmen im ländlichen Raum, sich zu öffnen und Erlebnisse zu bieten. Zotter etwa setzt auf ein Schokoladentheater und einen Essbaren Tiergarten. „Wenn Konsumentinnen und Konsumenten sehen, wie wir arbeiten und dass wir ehrliche Produkte herstellen, ist der Preis nicht mehr ein so großes Thema.“ Wichtig seien Transparenz, Nachhaltigkeit und Innovation.
Dass auch die Nachhaltigkeit ein Erfolgsfaktor im ländlichen Raum sein kann, veranschaulichten Lisa und Kurt Resch vom Steineggerhof in Steinegg. Ihr Hotel trägt das Nachhaltigkeitslabel Südtirol, Stufe 3. Jedes zweite Jahr wird eine CO2-Bilanz erstellt, in der Küche wird zunehmend vegetarisch gekocht.
Zum Abschluss der Jahrestagung wurde über die Prioritäten für eine zukunftsfähige Wirtschaft diskutiert. Landeshauptmann Arno Kompatscher unterstich, dass Südtirol gut aufgestellt und der ländliche Raum ein guter Standort sei. Das müsse öfters kommuniziert werden.
Kathrin Pichler vom Frauennetzwerk wnet appellierte, den Gleichstellungsaktionsplan umzusetzen. Damit viele gut ausgebildete Frauen arbeiten können, brauche es neue ganzjährige Modelle der Kinderbetreuung und flexible Arbeitszeiten. Zugleich sollten sich auch Männer mehr an der Kindererziehung beteiligen.
Laut Eva Kaneppele von der Jungen Wirtschaft würden zukünftig trotz Einwanderung weniger Menschen für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Daher brauche es motivierte Arbeitskräfte. Dafür müsse sich Arbeit auszahlen, weshalb es mehr Netto vom Brutto brauche. Für den Präsidenten des Wirtschaftsrings, Sandro Pellegrini, würden von den Unternehmern immer öfters Lohnerhöhungen gefordert. Dabei werde häufig nicht an die Kosten gedacht, die Unternehmen hätten, und sie sich im Wettbewerb mit anderen befänden.
Für den Vorsitzenden der Südtiroler HochschülerInnenschaft, Alexander von Walther, gebe es viele junge Menschen, die motiviert und gut ausgebildet sind. Damit eine Region für sie attraktiv ist, brauche es interessante Arbeitsplätze, leistbares Wohnen, eine gute Entlohnung und Angebot für Familien mit Kindern.